
Dirigenten dringend gesucht – und dieser 20-Jährige krempelt gleich alles um
Der 20-Jährige aus Rulfingen hat erst zum Jahresbeginn das Amt des Dirigenten bei der Stadtkapelle in Scheer übernommen, und doch schon einige Änderungen vorgenommen: Beim Marschieren laufen jetzt die Posaunen vorneweg, zur Fasnet hat Fabian Boßlet mit neuen Stücken überrascht und bei den Proben ein Höhentraining eingeführt.
„Blasmusik ist meine große Leidenschaft“, sagt der 20-Jährige. Er hat im vergangenen Jahr über den Blasmusikverband einen Dirigentenlehrgang bei Ralf Uhl absolviert und freut sich, dass er in Scheer die Möglichkeit bekommt, sein Wissen anzuwenden und Erfahrungen zu sammeln. „Ich weiß, dass es nicht selbstverständlich ist, dass eine Kapelle so viel Vertrauensvorschuss gibt“, sagt er. „Aber ich bin sehr motiviert und glaube, dass wir gemeinsam viel erreichen können.“
Die 35 Musiker, die zur Stadtkapelle Scheer gehören, hat er in einem Probedirigat von seinen Qualitäten überzeugt. Trotz junger Jahre ist Fabian Boßlet schon lange im Musikbetrieb: Als Drittklässler begann er Tenorhorn zu spielen, war erst in der Jugendkapelle Rulfingen aktiv und wechselte dann zu den Erwachsenen. „Ich habe die Lehrgänge D1, D2 und D3 absolviert und bin an der Landesmusikakademie Ochsenhausen und dem Musikzentrum Plochingen bei Stuttgart zum Musikmentor ausgebildet worden. In der Funktion habe ich auch ein Projektorchester geleitet und gemerkt, wie viel Spaß mir das macht“, erzählt er.
Fabian Boßlet
Musik ist mein Leben, und ich möchte diese Welt gern auch vielen anderen erschließen.
Mittlerweile studiert er Lehramt im vierten Semester und wird später neben seinem Lieblingsfach Musik auch Religion und Mathematik unterrichten. „Musik ist mein Leben, und ich möchte diese Welt gern auch vielen anderen erschließen.“ Vor Leuten zu stehen und über Musik zu reden, falle ihm leicht.
Seine ruhige Art, sein Fachwissen und seine Ideen, wie sich die Stadtkapelle weiterentwickeln könnte, sind bei den Musikerinnen und Musikern gut angekommen. „Sie haben mein Feedback sofort akzeptiert, obwohl einige von ihnen ihre Instrumente schon viele Jahrzehnte lang spielen.“
Das zeige, wie offen und motiviert die Gruppe sei. Schließlich hätten die Musiker sogar zugestimmt, alle zwei Wochen donnerstags zu proben, damit Fabian Boßlet auch seinem Heimatverein in Rulfingen die Treue halten kann.
Wie ein Lehrer die Stärken und Schwächen seiner Schülerinnen und Schüler kennen sollte, gilt es für den Dirigenten, individuell auf die Musiker einzugehen. „Mein Ziel ist es, dass jeder aus einer Probe etwas für sich selbst mitnehmen kann und motiviert ist, sich weiterzuentwickeln“, sagt Boßlet. Dass dies oft gelinge, merke er daran, dass auch Rückfragen kämen und er den Musikern Tipps für die Probenarbeit zu Hause gibt.
Ein Probenwochenende mit Registerproben liegt bereits erfolgreich hinter der Stadtkapelle. Ebenso das erste gemeinsame Konzert mit dem Musikverein Sigmaringendorf. Fabian Boßlet möchte die Nachwuchsförderung verstärkt ins Auge fassen und langfristig mehr Jungmusikanten für die Stadtkapelle gewinnen. Im gemeinsamen Vororchester Sigmaringendorf-Scheer können die Zöglinge fortan erste Erfahrungen des gemeinsamen Musizierens machen. „Später werden sie dann in die aktive Kapelle aufgenommen.“
Kooperiert wird auch bei den aktiven Kapellen. „Wir helfen uns künftig gegenseitig bei Auftritten aus.“ Für die Serenade, die am Sonntag unter freiem Himmel in Sigmaringendorf stattgefunden hat, haben beide Kapellen erstmals auch zusammen geprobt. „Das ist schon eine besondere Herausforderung, aber wir haben uns da auch als Dirigenten gut ergänzt“, findet Boßlet.
Fabian Boßlet
Für mich ist die Aufgabe als Dirigent nicht nur eine gute Ergänzung zu meinem Studium, sondern auch ein Herzens-Hobby.
Er möchte das Repertoire der Stadtkapelle Scheer nach und nach erweitern und etwas moderner machen. „Unterhaltungsmusik kann so vielfältig sein“, sagt er. Deshalb proben die Musiker jetzt auch verschiedene Medleys und Musicalnummern ein.
Zeitintensiv sei die Arbeit als Dirigent schon, findet Fabian Boßlet. Die Proben müssten vorbereitet, Stücke ausgewählt und arrangiert werden. Dann gäbe es auch noch Sitzungen, Ständchen und Auftritte. „Aber für mich ist das nicht nur eine gute Ergänzung zu meinem Studium, sondern auch ein Herzens-Hobby“, sagt er. „Da zählt man die Stunden nicht.“